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Mit digitaler Baulogistik hat die Bauleitung die Baustelle immer im Griff

Digitale Informationen können automatisiert mehrfach verwendet werden.

Beschaffung und Logistik auf Baustellen eignen sich besonders für eine digitale Transformation. Die hohe Anzahl von Belegen und deren wiederkehrende Verwendung machen den Nutzen der Digitalisierung und mobilen Datenerfassung sofort sichtbar. Die Zusammenarbeit der Bauleitung der Auftraggeberseite und der bauausführenden Firmen und Planer profitieren von der gemeinsamen Nutzung aller Informationen zur Steuerung der Bauvorhaben. Das Motto für Belege, Informationen und Unterlagen lautet „Alles immer nur ein Mal”.

In der Beschaffung und Logistik für eine Baustelle fallen eine Großzahl von Belegen, Nachweisen und Aufstellungen an. Werden alle diese Informationen strukturiert und digital erfasst, stehen sie sofort nicht nur den anderen am Projekt Beteiligten zur Verfügung, sondern können auch im Bauunternehmen an verschiedensten Stellen weiterverwendet werden. Denken sie dabei an einen Lieferschein für Baumaterial: der Lieferschein wird im Bauunternehmen zur Rechnungsprüfung benötigt, im Bautagebuch soll das gelieferte Material dokumentiert werden, die Qualitätssicherung will wissen, wann es eingebaut wurde und in der Baudokumentation soll das tatsächlich verwendete Material am richtigen Bauteil genannt werden. Mit einer digitalen Dokumentation brauchen alle diese Informationen nur einmal aufgenommen werden und stehen dann in allen anderen Unterlagen automatisch zur Verfügung. So sparen die Projektbeteiligten viel Zeit und können sich auf die „Bauleitung” konzentrieren. Damit alle von diesen Vorteilen profitieren, stimmen sie sich zu Beginn der Bauführung über diesen zeitgemäßen Weg ab.

Prozessschritte in der Beschaffung und der Logistik einer Baustelle
Die Prozessketten Beschaffung und Logistik einer Baustelle nutzen immer die gleichen Prozessschritte. Das gilt für große Baustellen genauso wie für kleine.

Prozesskette Beschaffung und Logistik einer Baustelle www.roesch-unternehmensberatung.de

  1. Im ersten Schritt wird der konkrete Bedarf an verschiedenen Ressourcen ermittelt: welches Material, in welcher Qualität und in welcher voraussichtlichen Menge. Bei Geräten und Ausstattung geht es um den Gerätetyp, Anzahl und die Einsatzzeit. Der Personalbedarf für die Bauausführung hängt von der Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Verfügbarkeit vor Ort und den benötigten Einsatzzeiten der einzelnen Personen oder Teams ab.
  2. Aus dem Einkaufsprozess werden als Ergebnis Bestellungen erstellt. Eine Bestellung kann gezielt für eine Baustelle gelten oder auch als Rahmenvertrag in der ganzen Firma genutzt werden. In der Baustellenbestellung sind für das Material Artikel, voraussichtliche Menge, Preise, Lieferkonditionen und der Lieferant vermerkt. Dies gilt auch für Geräte und die Baustellenausstattung, ganz gleich ob diese von einem Vermieter oder dem eigenen Bauhof bereitgestellt werden. Alle Bestellungen, Rahmenverträge bilden zusammen mit internen Katalogen die digitale „Shoppingliste”.
  3. Die Baustelle ruft aus dieser „Shoppingliste” die tatsächlich benötigten Artikel und Ressourcen zu einem bestimmten Termin und in einer bestimmten Menge ab.
  4. Jetzt erfolgen Transport oder Abholung.
  5. Auf der Baustelle wird die Annahme und die Verwendung der Materialien dokumentiert. Das gilt für alle Ressourcen, also auch für Personal, Geräte und Pläne.
  6. Der entstandene Liefernachweis ist Grundlage für die Prüfung der Eingangsrechnung im Bauunternehmen.
  7. Transportleistungen werden als echte Rechnung oder auch interne Leistungsverrechnung im Bauunternehmen aus dem Liefernachweis erstellt.
  8. Welches Material wo und wann verwendet wurde, welches Gerät für welche Leistung eingesetzt wurde, kann aus den Informationen der Liefernachweise ermittelt und dokumentiert werden.

Tipp 1: Abruf von Material und Geräten aus dem Warenkorb „Shoppingliste”
Der Polier oder die Bauleitung ermittelten für jeden Abruf konkret benötigtes Material und wählen dieses aus der mobilen „Shoppingliste” aus. Dazu wird einfach das Material in der App auf dem Smartphone oder Tablet angeklickt und die gewünschte Menge eingetragen. Dazu kommen Lieferart, Datum und Uhrzeit der Anlieferung. Den Lieferanten und seine Kontaktdaten kennt die App bereits. Automatisch wird dann der Abruf an den Lieferanten oder den Bauhof übermittelt.

Ein großer Vorteil dabei ist, dass kein versehentlich falscher Materialtyp abgerufen wird, denn die Qualitäten sind ja bereits als Vorauswahl hinterlegt. Bilder oder Systemskizzen in der „Shoppingliste” erleichtern die Auswahl zusätzlich.

Als Ergebnis haben Lieferant und Bauunternehmen zeitgleich einen strukturierten Überblick über Menge, Qualität und Termin für die Lieferung direkt in der App. Überraschend zusätzlich erforderliche Materialien können selbstverständlich auch auf diesem Weg abgerufen werden.

Ausrüstung und Geräte werden mit denselben Funktionen abgerufen, ganz gleich, ob beim eigenen Bauhof oder beim Vermieter.

Tipp 2: Annahme von Lieferungen mit dem „Digitalen Lieferschein”
Werden die Materialien oder Geräte auf der Baustelle angeliefert, wird hierzu ein digitaler Lieferschein übergeben. Auf dem Lieferschein können Änderungen und Reklamationen digital vermerkt werden und die Lieferung wird auch digital quittiert. All das erfolgt auf dem Smartphone oder dem Tablet auf der Baustelle. Sofort steht der Lieferschein sowohl im Bauunternehmen als auch beim Lieferanten und dem Transporteur zeitgleich zur Verfügung.

Stellt ein Lieferant keinen digitalen Lieferschein zur Verfügung, können die tatsächlich gelieferten Mengen auf dem selbsterstellten Abruf bestätigt oder geändert eingetragen werden. Damit entsteht ebenfalls ein elektronischer Lieferschein mit tatsächlich gelieferten Materialmengen.

Digitaler Lieferschein von Handy zu Handy www.1Lieferschein.com

Erwartet die Bauleitung der Auftraggeberseite im Rahmen der Bauüberwachung einen Nachweis über eingebautes Material, so können diese digitalen Lieferscheine direkt automatisch weitergeleitet werden. Das erleichtert nicht nur bei hunderten von Asphaltmischgut-Lieferscheinen die Arbeit aller Beteiligten. Die Verwendung eines falschen Materials bei einem Bauteil wird zudem weitgehend vermieden.

Tipp 3: Eingang und Prüfung der Pläne über den „Interaktiven Planraum”
Auch Pläne und Berechnungen unterliegen der Logistik. Die Baustelle ruft die erforderlichen Unterlagen ab. Der Zugang erfolgt über einen interaktiven Planraum. Den gibt es in verschiedenen technischen Varianten als App und für den PC. Für alle gilt: Eingang und Prüfung werden darin dokumentiert, Kommentare und Hinweise zu jedem einzelnen Plan sind vermerkt. Ersetzt ein Plan einen anderen, wird der alte Plan inaktiv.
Alle Projektbeteiligten haben somit zeitgleich immer dasselbe Bild vom Status der Pläne und Unterlagen.

Tipp 4: Dokumentation der Arbeitszeiten per „Elektronischem Lohnzettel” Die Erfassung der Arbeitszeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgt über den elektronischen Lohnzettel. Das sind intelligente Apps, in die für jeden Wochentag die geplanten Personen bereits eingetragen sind. Ebenfalls sind Regelzeit und Pausen vorgetragen. Das erfolgt zweckmäßigerweise  im Büro des Bauunternehmens.

Polier oder Bauleitung brauchen jetzt in der App nur noch Abweichungen oder Ergänzungen der Arbeitszeiten zu erfassen. Damit sind nicht nur die zukünftigen Erfordernisse in der Arbeitszeiterfassung, sondern natürlich auch die Informationen für die Entgeltabrechnung sofort im Büro verfügbar.

Mit solchen Apps können auch die Mitarbeitenden von Nachunternehmern kontrolliert und dokumentiert werden. Das erfolgt ganz einfach über das Scannen der Ausweise der Personen, die nicht im eigenen Unternehmen beschäftigt sind. Ob dazu zusätzlich auch eine Zugangskontrolle für die Baustelle eingerichtet wird, gilt es anhand der örtlichen Gegebenheiten festzulegen. Das Bauunternehmen wird damit den behördlichen Anforderungen über den Nachweis aller auf einer Baustelle arbeitenden Personen gerecht.

Für allen Personen auf der Baustelle werden die Übergabe der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA1 ) erfasst und die tägliche Kontrolle des Tragens der für die einzelnen Arbeiten erforderlichen Gegenstände der PSA dokumentiert.

Tipp 5: Abtransport, Rückbau und Recycling mit dem „Digitalen Rücklieferschein” Die ganz große Neuerung ist das automatische Erstellen von Rücklieferscheinen für ausgebautes Schüttgut. Unterstützt durch Spracheingabe wird mit der App ein „Digitaler Rücklieferschein” erstellt. Darauf sind alle Angaben vermerkt, die für den Transport zu einer Deponie oder Recyclingstation erforderlich sind: Entnahmestelle, Material, Gefährdungsklasse, Menge geschätzt oder gewogen, Transportfahrzeug, Datum und Uhrzeit. Diese Informationen werden automatisch beim Abladen an die Empfangsstelle übergeben und gleichzeitig vermerkt, an welcher Empfangsstelle zwischen- oder endgelagert wird. So entsteht für die Bauleitung der Auftraggeberseite im Zusammenspiel zwischen Baustelle, Transporteur und Empfangsstelle die vollständige Nachweiskette über die regelkonforme Behandlung von entsorgtem Material.

Diese Informationen fließen dann auch automatisch in den Mengennachweis zur Abrechnung der Leistungen des Bauunternehmens ein.

Die Rücklieferung von Geräten oder Ausrüstung wird ebenfalls über diesen digitalen Weg abgewickelt: auf der App sind alle Geräte aufgeführt, die bisher auf die Baustelle geliefert wurden. Hier klickt der Polier die Geräte an, die er zu einem gewünschten Zeitpunkt zurückliefern will. Der eigene Bauhof oder der Vermieter bekommen diesen Rückholabruf. Wird das Gerät abgeholt oder zurückgebracht, sind lediglich der tatsächliche Termin und das Fahrzeug zu ergänzen.

Jetzt stehen die Daten automatisch für Verrechnung oder Miete der Geräte bei den Beteiligten bereit.
Die Bauleitung hat somit immer den aktuellen Bestand an Geräten und Ausrüstung auf der Baustelle.

Tipp 6: Verbindung der Ressourcen mit dem „Bauablaufplan”
Wenn Sie immer wissen wollen, welche Personen oder Nachunternehmer mit welchen Geräten an welchem Bauteil arbeiten, stellen Sie eine Verknüpfung der eingesetzten Ressourcen mit dem Bauteil oder Gewerk her, an dem gearbeitet wird. Das machen Sie in Ihrer App für die Bauablauf. Hier werden die Ressourcen den einzelnen Bauteilen oder Bauabschnitten zugeordnet. Das erfolgt ganz einfach per Klick auf die für die Baustelle vorgeschlagenen Ressourcen.

Jetzt wissen sie, wer wann an welchem Bauteil gearbeitet hat. Ebenfalls ist jetzt immer in der Übersicht, wie weit der Fortschritt der einzelnen Bauteile gediehen ist. So steuern sie die Baustelle in Echtzeit.

Wenn sie die geplanten Einsatzzeiten bereits vor der Ausführung im Rahmen der Arbeitsvorbereitung für die einzelnen Bauteile in der App zuordnen, bekommen sie ihre erforderlichen Personalressourcen und können diese in der Firma abrufen.

Noch mehr Steuerung können sie dann in diesen Apps bewirken, wenn hier auch die erforderlichen Materialien und Geräte mit den Bauteilen oder Gewerken verknüpft werden. Es entsteht ein tagesaktueller Bauablaufplan mit der permanent aktualisierten Sicht auf das Bauende.

Tipp 7: Zuordnung Material und Bauelemente im „Digitalen Zwilling”
Als Königsdisziplin können die verwendeten Materialien auch den Bauteilen im BIM-Modell2  zugewiesen werden. Hier wird per App aus dem Lieferschein das Material den einzelnen Bauteilen zugewiesen.

Hieraus entsteht der „Digitale Zwilling” des Bauwerkes. Der Auftraggeber hat damit eine digitale Übersicht, welches Material an welchem Bauteil eingebaut ist. So stehen wertvolle Informationen für einen späteren Rückbau bereit.

Ein ganz besonderer Mehrwert aus den Bauwerksdaten entsteht für das Facility Management3 . Hier können die Informationen strukturiert verwendet und ausgewertet werden: wo hängt welcher Feuerlöscher und wann muss dieser gewartet werden?

Tipp 8: Verknüpfung aller Informationen zur „Baudokumentation”

  • Das tägliche Bautagebuch kann einfach aus den aufgenommenen Informationen ausgegeben werden. Die Bauleitungen von Auftragnehmer- und Auftraggeberseite können in Echtzeit darauf schauen.
  • Die Qualitätsüberwachung, beispielsweise das Betoniertagebuch, entsteht automatisch.
  • Die Bauwerksdokumentation wird automatisiert aus den Informationen Bauteil, Materialien, Geräte, Bauablauf und BIM-Modell erzeugt.

Umsetzung in einzelnen Schritten
Bei der Umsetzung hin zu einer vollständig digitalisierten Logistik und Beschaffung hilft ein schrittweises Vorgehen. Sie erreichen so schnell erste Erfolge der Digitalisierung, belasten die Organisation ihres Bauunternehmens nicht über Gebühr und können aktuell nahezu täglich neu verfügbare Standardsoftware oder Apps einsetzen.

Sprechen Sie mit allen Bauleitungen und Projektbeteiligten. Machen Sie Werbung für die neuen digitalen Schritte. Nehmen Sie sich dafür Zeit und nehmen Sie eventuell bestehende Vorbehalte respektvoll entgegen. Freuen Sie sich über die positiven Effekte eines jeden noch so kleinen Schrittes Ihrer digitalen Transformation.

1 PSA Persönliche Schutzausrüstung
2 BIM Building Information Modeling, digitales Bauwerks- oder Gebäudemodell
3 CAFM Computer-aided Facility Management

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