Digitalisierung ist Qualität
Die Digitalisierung bestimmt die Zukunft eines Bauunternehmens. Kunden, Lieferanten, die Mitarbeiterinnen und die Mitarbeiter warten darauf. Digitale Transformation im Bauunternehmen ist somit Chefsache!
Zur Digitalisierung gehören mehr als Smartphone-Apps und schicke Animationen auf großen Bildschirmen. Sie ist die auswertbare Beschreibung von Sachverhalten, Bauwerken, betriebswirtschaftlichen Werten und des organisatorischen und fachlichen Wissens als strukturierte Daten. Mit der Anerkennung dieser Definition werden die Werkzeuge und Verfahren verbindlich.
Digitalisierung beschreibt auch immer gleich den Weg der Transformation mit. Er wird durch das Unternehmen selbst vorgegeben – und weil die Digitalisierung keinen Autopiloten hat, benötigt sie Antrieb und Lenker.
Unter Digitalisierung wird Folgendes zusammengefasst:
- die geschlossene Datenkette der betriebswirtschaftlichen Informationen eines Unternehmens,
- die alphanumerische Beschreibung der Geometrien und Qualitäten von Bauwerken, Produkten und Dienstleistungen,
- die ortsunabhängige Kommunikation, die Weitergabe von Informationen, die Bereitstellung von Wissen in elektronischen Medien und die Datenverarbeitung in Echtzeit,
- die Beschreibung von Sachverhalten, Objekten, Verfahren und Prozessen in einer eindeutig ausführbaren Form und
- die Beschreibung der Aufbauorganisation und der Entwicklung von Organisationseinheiten und Unternehmen mit adressierbaren Rollen.
Alle diese Anforderungen wirken wechselseitig untereinander. Der Digitalisierungsgrad eines Unternehmens nimmt zu, wenn einzelne dieser Anforderungen umfassend und allgemeingültig umgesetzt werden. Die nur teilweise Umsetzung führt dagegen zu logischen Brüchen und reduziert die Qualität.
Elf Faktoren bilden die Speichen des Rades der Digitalisierung
Digitalisierung ist eine Gemeinschaftsaufgabe mit Nutzen für alle, benötigt aber ein klares Ziel und einen Lenker. Wie jedes Rad braucht auch das der Digitalisierung einen Antrieb. Den steuert das Unternehmen mit seinen Entscheidungen bei. Die Unternehmensleitung wird damit zum Treiber der Digitalisierung.
Die elf Faktoren leben auf der einen Seite von den Ergebnissen der Digitalisierung und auf der anderen bewirken sie diese. Diese elf Faktoren sind:
- Geschäftsmodelle beschreiben
- Entscheidungen treffen
- Rechnungswesen erneuern
- Bauwerksmodelle nutzen
- Kommunikation leben
- Informationsmanagement bereitstellen
- Öffentlichkeit einbinden
- Kompetenz zeigen
- Mitarbeiter achten
- Veränderungen fordern
- Forschung und Entwicklung fördern
Wie weit die Digitalisierung in einem Unternehmen fortgeschritten ist, zeigt sich auf den einzelnen Wirkungsebenen. Je gleichmäßiger dort der Reifegrad, desto runder läuft das Unternehmen.
Der Weg ist das Ziel – setzen Sie die elf Faktoren um!
„Die Qualität eines Unternehmens definiert sich nicht nur im Wissen, sondern immer mehr in der Effizienz seiner Umsetzung.“ 1 Neue Arbeitsweisen, neue Technologien und neue Konzepte lassen sich gut in einer Laborumgebung testen. Hier können sie gefahrlos erprobt werden. Fehler sind eingeplant, werden toleriert und führen zu neuen Erkenntnissen.
Faktor 1: Geschäftsmodelle beschreiben
Kunden erwarten neue Geschäftsmodelle. Neue Geschäftsmodelle nutzen die Digitalisierung, das gilt auch in der Bauwirtschaft.
Die Geschäftsmodelle eines Unternehmens beziehen sich auf die Wertschöpfungskette und die Form der Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten. Digitalisierung in diesem Bereich bedeutet, dass alle Schritte der Wertschöpfungskette sowie deren Ergebnisbeiträge vollständig und eindeutig beschrieben werden.
Die Abbildung der Geschäftsmodelle beinhaltet auch deren Chancen und Risiken, die gewählten Vertragsformen und die Anforderungen an die Geschäftspartner.
Ein Bauunternehmen sieht das Bauen und die zugehörigen Daten als Einheit. Von der Projektidee über die Gestaltung bis hin zum eigentlichen Bauen und der Inbetriebnahme entsteht eine geschlossene Datenkette mit einer ganz eigenen Qualität. Eine vollständige und offene Dokumentation der Projektabläufe, der angewandten Bauverfahren, der verwendeten Bauteile und Materialien ist dazu ganz unerlässlich. Bauunternehmen, Kunde und Lieferant können gemeinsam diese Informationen nutzen – eine vorteilhafte Situation für alle.
Bauunternehmen bringen ihre Erfahrungen in eine tiefe Wertschöpfungskette ein. Da heißt es: „Wir können Autobahn.“ Oder: „Wir können Reihenhaus.“ Kunde und Unternehmen stehen dabei in direkter Verbindung. Die gemeinsame Nutzung der Daten unterstützt die Kundenbindung während des gesamten Projektlebenszyklus.
Kunden informieren sich heute über Produkte und Leistungen, bevor sie Entscheidungen treffen. Diese Anforderung stellt der Kunde oder der Lieferant auch an ein Bauunternehmen: Welche Materialien werden verwendet? Wie kann ich den Fortschritt in der Planung mitverfolgen? Das kombinierte Wissen aus Planung, Ausführung und Nutzen wird zum Vorteil für den Kunden.
Gleiches gilt für die Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Bauunternehmen. Hier werden der Austausch von strukturierten Informationen zur Steuerung der Lieferkette, die Art der Kommunikation und das gegenseitige Vertrauen Grundlage für die Reife der Digitalisierung und damit auch für die Qualität der Geschäftsbeziehung sein. Dienstleister und Handwerker nutzen so die Vorteile der Digitalisierung, ohne selbst die gesamte Wertschöpfungskette abzudecken.
Prozessbeispiel: Im visualisierten 3D-Modell des Bauwerkes erkennt der Kunde laufend den Leistungsstand und erhält die damit verbundenen wirtschaftlichen Informationen über Aufwand, Kosten und Leistungen.
Prozessbeispiel: Lieferant und Bauunternehmen setzen einen gemeinsamen elektronischen Warenkorb ein, über den Informationen prozessbezogen abgerufen werden. Von der Bestellung über den Abruf bis zu Lieferung und Rechnung, alles wird digital und in Echtzeit ausgetauscht.
Faktor 2: Entscheidungen treffen
Die Entscheidungsstruktur in einem Unternehmen ist maßgebend für die Handlungsgeschwindigkeit. Gute Rahmenbedingungen wie kurze Wege, flache Hierarchien und passende Organisationsstrukturen sorgen dafür, dass Entscheidungen schnell getroffen werden können.
Nicht getroffene Entscheidungen behindern die Digitalisierung!
Das blockiert das Unternehmen, die Organisationseinheit oder die Öffentlichkeit. Auch gut gemeinte Kompromisse wirken oft nur als halbe Sachen, verursachen Mehraufwand oder lähmen die Umsetzung.
Entscheidungen werden von den Personen getroffen, die in der Sache kompetent sind und Verantwortung tragen. Basisdemokratie in diesem Bereich führt nur dazu, dass Personen entscheiden, die dann für die Konsequenzen gar nicht verantwortlich sind.
Prozessbeispiel: Die Entscheidung über die Vergabe einer Leistung an einen Geschäftspartner wird im Prozess „Beschaffung“ verbindlich festgelegt. Das Eingreifen in den Prozess, gerade von Personen aus der Führung, wird ausgeschlossen, denn hiermit würde die Verantwortung für das Bauvorhaben wieder von den Rollen „Beschaffung“ und „Projektverantwortung“ an die Führung selbst zurückdelegiert.
Faktor 3: Rechnungswesen erneuern
Alle Geschäftsvorfälle, Planungen und Bewertungen in den betriebswirtschaftlichen Systemen werden nur einmal erfasst. Die Berechnungen, Auswertungen und Verwendungen sind klar und eindeutig festgelegt und die Daten stehen dann für unterschiedliche Auswertungen zur Verfügung.
„Alles immer nur einmal!“
Das Rechnungswesen muss erneuert werden: Projektsicht und Unternehmenssicht sollten über dieselbe Daten- und Informationsbasis eingebracht werden. Solche betriebswirtschaftlichen Algorithmen liegen bereits vor und können in einem logischen Einkreissystem verwendet werden. Damit sind Kostenkontrolle in Echtzeit und abgesicherte Prognose Realität. Ein Baustein hierzu ist die geschlossene Buchungskette aller Geschäftsvorfälle von der Bestellung über den Abruf bis zur Bewertung von Beständen. Schnelle Abschlüsse in Echtzeit werden durch die Datenverfügbarkeit zur Normalität.
Prozessbeispiel: Mit der Annahme eines Lieferscheins wird die gelieferte Warenmenge gebucht und direkt über die in der Bestellung hinterlegten Werte und Kontierungen der empfangenden Kostenstelle belastet. Gleichzeitig sind in der Finanzbuchhaltung Warenzugang oder Warenverbrauch und Verbindlichkeiten in Echtzeit gebucht und der Finanzbedarf ist ermittelt. Die Lieferscheine stehen auch zur Abrechnung mit dem Kunden und für den Materialnachweis bereit.
Faktor 4: Bauwerksmodelle nutzen
Bauwerke mögen in der Gestaltung oder der Nutzung Unikate sein – beim Bauen sind sie es nicht. Bauen ist das Zusammenfügen von Standardbauteilen, vergleichbar mit Lego®. Die gleichen Legobausteine sind vielfach verwendbar und führen zu flexiblen Lösungen. Elektronische Bauwerksmodelle funktionieren nach dem gleichen Prinzip.
„Erst planen, dann bauen!“
In alphanumerischen Bauwerksmodellen werden mit strukturierten Objekten Qualität, Geometrie und Bauverfahren beschrieben. Dazu werden im Bauablaufplan alle Informationen und die mit ihnen verbundene Leistung auf die Zeitschiene vernetzt. So ist das Bauwerksmodell auch Grundlage zur Abbildung der Logistik: Was wird wann, wo und wie benötigt? Alle betriebswirtschaftlichen Informationen eines Bauprojektes für Soll, Ist und Prognose stehen auf der Zeitachse bereit.
Indem das Bauwerksmodell mit den Unternehmensdaten gekoppelt wird, stehen die Bestandsinformationen zur Dokumentation der Geschäftsvorfälle und des Bauablaufes im Bauwerksmodell zur Verfügung.
Damit sind Bauwerksmodelle die Träger aller Informationen für alle Projektbeteiligten. Dies bedeutet nicht, dass Bauwerksmodelle nur dann eingesetzt werden können, wenn alle am Planungsprozess Beteiligten sie bereits für ihre Aufgaben nutzen. In Bauunternehmen lohnt sich der Einsatz von Bauwerksmodellen alleine schon für die Ausführungs- und die Fertigungsplanung, für Vermessung, Maschinensteuerung oder Bauablaufsimulation und rechtfertigt deren Erstellung.
Prozessbeispiel: Kanalschächte werden immer wieder aus gleichen Bauteilen zusammengefügt, ob nun vor Ort oder noch im Werk. Auch Betonwände werden immer in den gleichen Schritten hergestellt, egal, ob dies vor Ort erfolgt, mit zweiseitiger Schalung oder liegend im Fertigteilwerk oder in einer Mischbauweise aus Halbfertigteilen. Das Ergebnis im Bauwerk ist das nutzbare Bauteil.
Prozessbeispiel: Welche Charge von welchem Mischwerk und aus welchem Asphaltmischgut ist mit welcher Temperatur an welcher Stationierung wann eingebaut worden? Welche Stahltür ist in diesem Raum eingebaut worden?
Faktor 5: Kommunikation leben
Kommunikation bedarf einer gemeinsamen Sprache, einer gemeinsamen Semantik und einer gemeinsamen Kultur. Die Kommunikation nach innen sowie nach außen muss positiv, klar, zielgerichtet, verständlich, ehrlich und wertschätzend sein.
Die gemeinsame sowie die gemischte Nutzung von analoger und digitaler Kommunikation erhöht deren Verbindlichkeit. Die Inhalte von Aussagen können im Nachgang geprüft werden, Argumente sind dokumentiert.
Ein Glossar schafft Klarheit in Normen, Vorschriften und Regelwerken und auch in der betrieblichen Praxis. So können falsche oder irreführende Definitionen korrigiert werden. Mit der Verwendung einheitlicher Begriffe lassen sich bessere Suchergebnisse in digitalen Informationsspeichern erzielen.
Die Kommunikation prägt das Marketing gegenüber Kunden und der Öffentlichkeit. Daraus bildet sich die Marke. Die Marke vermittelt Qualität. Eine eindeutige Kommunikation ist damit die Grundlage für eine starke Marke.
Prozessbeispiel: Im Prozess- und Datenmodell des Bauunternehmens wird eine gemeinsame Sprache festgelegt, z.B.: „Kanalgraben – Siel – Künette“. Damit werden sowohl regionale als auch historische Unterschiede ausgeräumt. Bei Unternehmen in mehreren Sprachräumen kann dies auch zu einem Unternehmenswörterbuch führen.
Faktor 6: Informationsmanagement bereitstellen
Qualität im Informationsmanagement setzt voraus, dass Prozesse, Daten, Software und Systeme klar beschrieben und aufeinander abgestimmt sind. Nur so können Informationen in Echtzeit bereitgestellt werden. Ohne eine vollständige und semantisch korrekte Beschreibung von Prozessen gibt es keine automatisierten Workflows, und die sind wiederum Voraussetzung für die Automatisierung und für geschlossene Datenketten.
Kern des Informationsmanagements ist der Aufbau eines gemeinsamen Datenpools. In ihm stehen die jeweils benötigten Informationsobjekte nach einem einheitlichen Fachmodell zur Verfügung. Dabei sollten die Daten möglichst redundanzfrei sein. Adressen, Artikel, Lieferscheine werden nur einmal erfasst und gespeichert.
Mit der aktuellen Technologie können Daten aus verschiedenen Datenbanken verwendet werden. Das ersetzt die Weitergabe per Schnittstelle und verhindert Redundanz. Wichtig dafür: Auf alle Informationen kann – unabhängig von der eingesetzten Anwendungssoftware – zugegriffen werden.
Die Software wird für die Situationen ausgewählt, in der sie tatsächlich genutzt werden soll. Eine Mengenermittlung am großen Bildschirm im Büro ist zum Beispiel etwas anderes als das Aufmaß bei Wind und Wetter auf einer schlecht beleuchteten Baustelle mit einem mobilen Gerät. Zur Unterstützung einer neuen Situation kann eine neue Software erforderlich werden.
Die IT-Infrastruktur und gerade mobile Geräte entwickeln sich ständig weiter. So werden auch die Spracheingabe oder die automatische Erkennung von Daten voranschreiten. Dazu kommt die Einbindung von Geräten und Maschinen, die Daten teilweise autonom ermitteln und übermitteln oder sich selbst steuern. Die kontinuierliche Erneuerung der IT-Infrastruktur und aller mobilen Geräte wird also zur Daueraufgabe.
Prozessbeispiel: Eine Adresse wird an einer Stelle gespeichert und gepflegt. Auf sie kann dann von den verschiedenen Programmen zugegriffen werden, etwa für die Rechnung, das Telefonbuch, die Weihnachtsbriefe, die Bestellung und die Debitorenbuchhaltung.
Faktor 7: Öffentlichkeit einbinden
Digitalisierung erzeugt Transparenz. Vermeintliche Geheimnisse bleiben nur für eine begrenzte Zeit geheim: Nachrichten verbreiten sich heute schnell über soziale Kanäle. Die Öffentlichkeit erwartet klare Aussagen, gerade auch zu negativen Sachverhalten wie zum Beispiel Mehrkosten bei einem Bauvorhaben. Ein digitalisiertes Unternehmen wartet nicht darauf, bis es durch Vorgaben zur Kommunikation gezwungen wird, sondern macht sich folgendes Prinzip zu eigen: „Wir handeln jetzt und sprechen darüber mit allen.“ Die Öffentlichkeit wird wertschätzend eingebunden. Das macht die Leistungen eines Bauunternehmens erlebbar.
Prozessbeispiel: Das Aussehen und die Gestaltung einer geplanten Lärmschutzwand werden veröffentlicht und können in einer Animation von allen Interessierten eingesehen werden. Genauso kann der Ablauf von Kanalarbeiten den Anwohnern in einzelnen simulierten Schritten gezeigt werden. Sie wissen dann, wann sie nicht auf ihr Grundstück fahren können und wie es aussieht, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind.
Faktor 8: Kompetenz zeigen
Die Kompetenz eines Unternehmens erkennt der Kunde überwiegend an der Fachlichkeit. Im Bauunternehmen selbst wird die Kompetenz durch einfache Strukturen und eine klare Kommunikation erlebt.
Kompetenz zeigt sich in einer strukturierten Dokumentation des fachlichen Know-hows und einer eindeutigen Anordnung der Aufbauorganisation.
Die in der Kommunikation festgeschriebenen Werte werden nach innen und nach außen gelebt.
Prozessbeispiel: Die Kunden wissen, welche Personen mit ihnen an ihrem Projekt arbeiten. Sie sehen, wie weit ihr Bauprojekt fortgeschritten ist. Die Mitarbeiter wissen, wer welche Freigabe erteilt.
Faktor 9: Mitarbeiter achten
Menschen tragen das Unternehmen und damit die Digitalisierung. Nur mit einer ausgeglichenen Mischung von unterschiedlichen Eigenschaften können die zukünftigen Herausforderungen gemeistert werden: ob schnell, gründlich, jung, alt, erfahren, neugierig, ängstlich, Teamarbeiter oder Solist, Frau oder Mann … Nur wenn die Kompetenzen jedes Einzelnen optimal genutzt werden, kann ein harmonisches Miteinander funktionieren.
Dieses Miteinander führt in der Digitalisierung zu einer neuen Form der Kollaboration, etwa bei der gemeinsamen Datennutzung über Unternehmensgrenzen hinweg, der gemeinsamen Arbeit an Bauwerksmodellen oder der gemeinsamen Disposition für Baustellenmaterial. Für alle diese Aufgaben werden unterschiedliche Fähigkeiten und Fertigkeiten benötigt.
Menschen im Unternehmen weiterentwickeln!
Es ist Aufgabe der Geschäftsleitung, sich die Menschen im Unternehmen weiterentwickeln zu lassen, ihnen die Angst vor Innovationen zu nehmen, sie zu begleiten und die neuen Arbeitsweisen vorzuleben. Dieses Lernen, also dieser Aufbau von digitalem Wissen braucht Zeit und Raum.
Prozessbeispiel: In Rollenspielen wird die gemeinsame Bearbeitung einer Tabelle durch den Einkäufer und den Baustoffhändler in einer Webkonferenz geübt. Sie lernen, Kamera und Mikrofon ein- und auszuschalten oder die Eingabe live in der Tabelle zu kommentieren.
Faktor 10: Veränderungen fordern
Veränderungen werden von Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern und auch von der Öffentlichkeit gefordert. Die Fähigkeit eines Unternehmens, Veränderungen zu leben und von ihnen zu profitieren, wird deshalb immer mehr zur Kernkompetenz. „Jede Sekunde des Jammerns ist eine verlorene Sekunde für die Kreativität.“2
Veränderung wird zur Normalität. Es muss darauf geachtet werden, dass die Erwartungen der Kunden erfüllt und gleichzeitig die Menschen im Unternehmen mitgenommen werden. Beide Aspekte – die Veränderung und das Mitnehmen – dürfen sich nicht gegenseitig behindern. Zyklen der Veränderung müssen sich mit solchen der Beständigkeit abwechseln, so bildet sich eine intelligente Balance, egal, ob die Veränderung nach agilen Methoden erfolgt oder eher konventionell. Entscheidend ist, die richtige Methode für die richtige Veränderung zu erkennen und das richtige Vorgehen zu wählen.
Veränderung lebt davon, dass Fehler gemacht und benannt werden und dass sie Bestandteil der gemeinsamen Erfahrung sind. Im Unternehmen muss eine Kultur herrschen, die keine Angst vor Fehlern aufkommen lässt, sondern das Vertrauen der Mitarbeiter in ihre eigenen Stärken fördert. Dies ist einer der grundlegenden Erfolgsfaktoren auf dem Weg zur Digitalisierung.
Prozessbeispiel: Wenn die Kunden die neue App für die Auswahl der Badezimmerarmaturen langweilig finden, dann wird schnell eine neue entwickelt.
Faktor 11: Forschung und Entwicklung fördern
Forschung und Entwicklung im Bauunternehmen gilt neuen Materialien, neuen Bauverfahren und genauso neuen Prozessen und neuer Software. Die Ergebnisse können sich in neuen Produkten und neuen Geschäftsprozessen zeigen – aber auch im Verzicht darauf. Weniger kann gerade bei Prozessen mehr sein.
Denken und Ausprobieren brauchen immer eine Laborumgebung. Nur dort können Prototypen beim Test versagen, ohne dass das dem Unternehmen schadet. Vielmehr sollte gelten: „Es ist gut, dass wir diese Erfahrung gemacht haben.“
Die Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung zu bewerten und zu prüfen braucht Zeit und Anerkennung im Unternehmen. Das Gute: Hier wird die Zukunft gestaltet und damit ist die Investition lohnend.
Prozessbeispiel: Die Nutzung eines digitalen Lieferscheines für den internen Versand von Geräten wird getestet. Dabei können Informationen darüber gewonnen werden, wie der Prozess verbessert werden kann und welche Entscheidungen zu treffen sind, damit er angewendet wird. Hier schließt sich der Kreis zu den schnellen Entscheidungen.
Gedankenfreiheit statt Scheuklappendenken
Digitalisierte Unternehmen schauen über den Tellerrand hinaus. Sie denken branchenübergreifend, nutzen das Wissen anderer Disziplinen wie Geisteswissenschaft, Betriebswirtschaft oder Naturwissenschaft. Digitalisierung ist keine regionale oder nationale, sondern immer eine globale Aufgabe. Eine gemeinsame Semantik, gemeinsame Zahlen und gemeinsam genutzte Prozesse bringen die Digitalisierung voran. Der Handel lebt dies vor. Das Gleiche gilt auch für die Bauwirtschaft. Scheuklappendenken ade! Es herrscht Gedankenfreiheit. „Das Bauunternehmen ist auch nur eine Firma wie jede andere.“3
Jetzt liegt es an Ihnen: Bringen Sie diese elf Faktoren auf den Weg, treffen Sie die notwendigen Entscheidungen.
Weitere Veröffentlichungen, Hinweise auf Projekte und Erfahrungen finden Sie regelmäßig auf der Webseite des AKIM www.bauindustrie.de/akim.
Wir wünschen Ihnen auf dem Weg der Digitalen Transformation viel Erfolg!
Für den Arbeitskreis Informationsmanagement (AKIM) im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.
Dipl.Ing. Harald Christalon www.porr-group.com und
Dipl.Ing. Peter Rösch www.roesch-unternehmensberatung.de
1 Harald Christalon
2 Peter Rösch
3 Harald Christalon
Glossar
Bauwerksmodell
In alphanumerischen Bauwerksmodellen werden mit strukturierten Objekten Qualität, Geometrie und Bauverfahren auswertbar beschrieben.
Praxisbeispiel: In dem Bauwerksmodell eines Gebäudes wird eine Wand in ihrer Geometrie (Länge, Breite, Höhe, relative Position im Gebäude, Lage) beschrieben. Zusätzlich können die Qualität (Material, Aufbau, Eigenschaften wie Schall- und Brandschutz oder Farbe, statische Funktion …) und Bauverfahren (Fertigteil oder Ortbeton) und weitere Attribute erfasst werden.
Datenkette
Es handelt sich um eine geschlossene Kette strukturierter Daten, wenn über Algorithmen die Wirkung dieser Daten und der durch sie beschriebenen Informationen auswertbar vorliegen.
Praxisbeispiel: Das Bauunternehmen bestellt Stahltüren mit der hauseigenen Artikelnummer 12090088. Der Lieferant bestätigt die Bestellung und fügt seine Artikelnummer FH0809L hinzu. Sie steht auf seinem Lieferschein. Aus dem Lieferschein, der Bestellung und der Auftragsbestätigung entsteht eine Datenkette, mit der Information, dass eine Stahltür bestellt, die Bestellung bestätigt und die Tür geliefert wurde. Die Übersetzung der Artikelnummern aller Beteiligten ist dafür die Grundlage.
Echtzeit
Informationsmanagement in Echtzeit verarbeitet Informationen und deren Daten direkt bei der Eingabe oder Änderung. Damit stehen immer aktuelle Informationen zur Verfügung. Der Zeitraum zwischen Eingabe und Verarbeitung sollte möglichst kurz sein.
Praxisbeispiel: Ein Ersatzteil wird bei der Entnahme aus dem Lager direkt erfasst und gebucht. Damit ist der aktuelle Bestand sofort sichtbar.
Geschäftsmodell
In einem Geschäftsmodell werden Ziele, Verfahren und betriebswirtschaftliche Aspekte zwischen Kunde und Lieferant festgelegt.
In einem Bauunternehmen bestehen Geschäftsmodelle zu Kunden und zu Lieferanten (Nachunternehmer, Dienstleister, Händler, Hersteller …).
Praxisbeispiel: Das Bauunternehmen ist Generalübernehmer für ein Bürogebäude und erbringt für den Kunden von der Ausführungsplanung bis zur Inbetriebnahme alle erforderlichen Leistungen zu einem Festpreis pro Quadratmeter Nutzfläche.
Praxisbeispiel: Das Bauunternehmen ist Hausmaurer in einer Fabrik und erbringt auf einzelnen Abruf Reparaturarbeiten auf Nachweis (Regie, Tagelohn …).
Information
Eine Information, besser: ein Informationsobjekt besteht aus einem Set an Informationen, die als strukturierte Datensätze gespeichert und verarbeitet werden.
Praxisbeispiel: Eine Eingangsrechnung ist ein Informationsobjekt. Es trägt die Informationen „Kunde“, „Bestellbezug“, „Positionen“, „Konditionen“ und „Pflichtangaben“. Die Information „Kunde“ ist selbst wiederum ein Informationsobjekt aus „Firmierung“ mit Umsatzsteueridentifikationsnummer und Handelsregistereintrag, „Anschrift“, „Ansprechpersonen“ und „Kommunikationswegen“. Informationen und Informationsobjekte werden als Kombination aus strukturierten Daten (Postleitzahl, Ort, Straße, Hausnummer, Land) und nicht strukturierten Daten (Bilder, Grafiken, Audio, Video …) in elektronischen Systemen gespeichert.
Kommunikation
Die Kommunikation erfolgt über den Austausch von Informationen in Wort, Schrift, Bild und Gestik. Es ist die Verantwortung des Senders, dass dem Empfänger die Information in einer vereinbarten Form bereitgestellt wird.
Praxisbeispiel: Das Angebot erfolgt in deutscher Sprache.
Kompetenz
Eine Person trägt Kompetenzen in sich. Fähigkeiten sind Personen eigen und können weiterentwickelt werden. Fertigkeiten können erlernt werden.
Zu Kompetenz gehört auch, dass Verantwortung übernommen wird und dass Entscheidungen getroffen werden.
Kunde
Die Kunden eines Bauunternehmens werden auch als Auftraggeber, Bauherren oder Investoren bezeichnet. Sie können im Tagesgeschäft auch durch beauftragte Dritte (Architekt als Bauleitung des Auftraggebers, Projektsteuerer, Bauaufsicht …) vertreten werden.
Das Bauunternehmen selbst ist Kunde aus Sicht seines Lieferanten oder Nachunternehmers.