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Bauleiterinnen und Bauleiter entlasten

Bauleiterinnen und Bauleiter sind die Leistungsträger der Bauunternehmen. Die Ergebnisse der Baustellen werden entscheidend von der Leistung der Bauleiter beeinflusst. Viele Bauleiter können diese Leistung jedoch nicht erbringen, da sie sich zunehmend von Routinearbeiten behindert sehen, von denen ihnen in den letzten Jahren immer mehr zugewiesen wurden. Zudem macht die Ausstattung mit mobiler IT die Bauleiter immer mehr zu ihrem eigenen Büro. Dies führt zu einer kaum kalkulierbaren Arbeitsbelastung mit stundenlangen Autofahrten und spätem Feierabend. Für die junge Generation ist diese Ausprägung des Berufsbildes verständlicherweise nicht attraktiv. Gerade leistungsorientierte Menschen wollen ihren Ausgleich zwischen Beruf und Privatem selbst bestimmen.

In vielen Firmen werden bewusst oder unbewusst Lösungen zur Reduzierung der Belastung von Bauleitern diskutiert, denn diese führt zur Nichtbesetzung offener Stellen oder noch schlimmer, zu Abwanderungen. “Warum sollen junge Bauleiter genau in unserem Bauunternehmen arbeiten wollen?” ist eine der Fragen. Auch die Wissenschaft hat dieses Thema derzeit bereits auf dem Radar. “Wie kann das Bauunternehmen dem Bauleiter ein optimales Umfeld bieten?”

Mit einer arbeitsteiligen Organisation im Bauunternehmen, einer gezielten Teambildung für Baustellen und modernen Formen der Zusammenarbeit (Kollaboration) werden in erfolgreichen Bauunternehmen heute schon solche attraktiven Rahmenbedingungen gelebt.

Zeitaufwand Bauleiter

Grundlagen dazu sind die klare Festlegung der Aufgaben und Verantwortung der Bauleiter, sowie ein einheitliches Verständnis im Unternehmen über den Status der Baustellen mit einer unverfälschten Sicht auf Projektfortschritt (Termine), Qualität, Kosten und Erlöse.
In diesem Umfeld können Bauleiter sich auf ihre Kernaufgabe “Baustelle leiten” konzentrieren. Das macht Spaß, die Ergebnisse werden besser und das Unternehmen ist attraktiv für leistungsbereite Mitarbeiter.

Thesen

  • Die Ergebnisse der Baustellen werden entscheidend von der Leistung der Bauleiter beeinflusst.
  • Bauleiter sehen sich von Routinearbeiten behindert.
  • Aufgabenteilung und Zusammenarbeit zwischen Bauleitern, technischen Spezialisten und Verwaltung können verbessert werden.
  • Ein unverfälschter Blick auf den Status einer Baustelle ist erforderlich.
  • Leistungsbereite Menschen wollen ihren Ausgleich zwischen Beruf und Privatem selbst bestimmen.
  • Die Prinzipien von Lean Administration greifen auch in Bauunternehmen.
  • Veränderungen in der Führungs- und Kommunikationskultur können den Mitarbeitern helfen.

Veränderungen im Bauunternehmen und bei Bauleitern
Bauunternehmen und Bauleiter werden ihre Organisation und Arbeitsweisen verändern müssen, wenn sie erkannte Missstände abstellen wollen. Das gilt für große genau wie für kleine Unternehmen, für Bauleiter, die nur eine Baustelle oder gleichzeitig mehrere Baustellen leiten.  In Abhängigkeit von der Aufbauorganisation eines Bauunternehmens oder der Größe eines Bauprojektes kann die Rolle “Bauleiter” von Projektleitern oder Oberbauleitern wahrgenommen werden.

Verantwortung ist unteilbar
Im ersten Schritt werden Aufgaben und Kompetenzen der Bauleiter verbindlich festgelegt. Was ein Bauleiter verantwortet muss er auch selbst entscheiden können. Verantwortung für eine Aufgabe bedeutet jedoch nicht, dass sie auch selbst durchgeführt wird. So kann ein Bauleiter die Prüfung von Lieferscheinen an den Polier übertragen. Die Kommunikation mit dem Kunden und die Personalführung werden dagegen meist vom Bauleiter selbst durchgeführt. Bei Entscheidungen oder Freigaben, die aus rechtlichen Gründen gemeinsam mit einem Vorgesetzten oder Kollegen nach dem Vier-Augen-Prinzip erfolgen, braucht der Bauleiter ein Vetorecht, da ansonsten das Grundprinzip “Verantwortung ist unteilbar” aufgehoben wird.

Zentrale Geschäftsprozesse
Im zweiten Schritt schafft das Bauunternehmen eine arbeitsteilige Organisation unter der Vorgabe “Wir unterstützen den Kernprozess Baustelle.” Hier werden die Geschäftsprozesse festgelegt, die zentral oder regional für die Baustellen durchgeführt werden. Neben den klassischen Buchhaltungsaufgaben sind das Kalkulation, Einkauf, Logistik und Ingenieurleistungen. Die Ergebnisse dieser Geschäftsprozesse werden so gestaltet, dass sie nicht nur der Verwaltung dienen, sondern auch “Baustellen geeignet” sind. Als Paradebeispiel bietet sich hier immer wieder die Kostenstellenauswertung der Baustellen an. Wenn die Baustelle damit nicht zurechtkommt und womöglich eine “doppelte Buchführung” erstellt, ist Handlungsbedarf gegeben.

Bauleiter führt das Baustellenteam
Im dritten Schritt entsteht das Baustellenteam, in dem Rollen für alle vorkommenden Geschäftsprozesse der speziellen Baustelle besetzt werden. Der Bauleiter führt das Baustellenteam.

  • Arbeitsvorbereitung und Bauzeitenplan
  • Einkauf und Logistik für Material und Nachunternehmer
  • Rechnungsprüfung
  • Baustellencontrolling
  • Aufmaß und Mengenermittlung
  • Rechnungsstellung
  • Nachtragsangebote
  • Planverwaltung
  • Protokolle, Termine und Dokumentation

Dies sind einige exemplarische Beispiele, welche Aufgaben Mitglieder eines Baustellenteams beisteuern können und damit den Bauleiter entlasten.
“Aber Nachträge kann doch nur der Bauleiter stellen!” Ja, erkennen soll der Bauleiter sie, dem Auftraggeber anzeigen und dann dem Kalkulator melden. Der wird mit seiner Sachkenntnis eine ausgefeilte Nachtragskalkulation erstellen, die er dann in Einzelheiten mit dem Bauleiter bespricht. So kommen Nachtragsangebote schnell zum Kunden und nicht erst wenn der Bauleiter dafür Zeit findet.

Ein Hinweis: Ob diese Rollen von Personen nur für eine oder gleichzeitig mehrere Baustellen wahrgenommen werden, ergibt sich aus Umfang und Dauer der erwarteten Aufgaben. Wo die ständigen Arbeitsplätze der einzelnen Teammitglieder sind, Baustelle, Büro oder auch wechselnd, ist für die grundlegende Organisation von Baustellenteams nachrangig.

Spezielle Services für Bauleiter
Dass Ausgangsrechnungen formal korrekt durch das Rechnungswesen erstellt und versandt werden ist inzwischen weit verbreitet. Spätestens wenn Rechnungen elektronisch übermittelt werden sollen wird dieser Weg verbindlich. Dem Bauleiter bleibt die Verantwortung für das Auslösen der Rechnung und die Beisteuerung von Mengen oder Leistungsnachweisen.
Einige weitere Services helfen den Bauleitern und dem Unternehmen gleichermaßen; zudem wird dem Argument “Das konnte ich nicht auch noch machen, dazu habe ich nun wirklich keine Zeit!” die Grundlage entzogen.

  • Zentrale Ansprechstelle für Abrufe und Disposition:
    Das Feilschen um Geräte und Personal in gemeinsamen Bauleiterbesprechungen ist ein endloser Zeitdieb. Die Baustelle meldet ihre Bedarfe an eine zentrale Ansprechstelle für die Disposition, die für die Bereitstellung Sorge trägt.
  • Bauzeitenplan und Bauablaufplan:
    Bauzeitenpläne sind das Steuerungsinstrument des Bauleiters schlechthin. Leider ist die Software dazu komplex. Die Erstellung erfolgt unter den Vorgaben des Bauleiters durch eine zentrale Stelle. Diese Person hat baubetriebliches Know-how und Routine in der Softwarehandhabung. So kann der Bauablaufplan vom Bauleiter tagesaktuell gehalten werden.
  • Kosten ermitteln
    Die Baustelle wird die Leistung zum Stichtag ermitteln. Die Kosten werden vom Rechnungswesen bereitgestellt. Würden auch die Lieferscheine erfasst, könnten noch nicht berechnete Lieferungen und Leistungen abgegrenzt werden. So bleibt für die Baustelle die eventuelle Abgrenzung von nicht verbrauchtem Material.
  • Genehmigungen einholen
    Müssen Bauleiter Spartenpläne auf Ämtern einsehen und sich Kopien ziehen? Nein, das kann der hausinterne “Gute Geist” mit Erfahrung und Gelassenheit erledigen.
  • Vertragsprüfung und Schriftsätze
    Nicht jeder Bauleiter hat ein Händchen für Juristerei. Verträge werden von einer Person oder einer Stelle im Unternehmen geprüft, die das mit ausreichend Zeit und Sachverstand leisten kann. Hier werden auch die Vorlagen für Standardschriftsätze erstellt.

Beispiel Rechnungsprüfung – einfacher im Team.
Welcher Bauleiter prüft gerne Rechnungen? Die Kaufleute bereiten die Freigabe vor.

  • In der Bestellung sind Preise, Konditionen und Qualität festgelegt.
  • Polier oder Bauleiter prüfen die Lieferscheine und zeichnen sie ab.
  • Einkauf oder Rechnungsprüfung kontrollieren Preise und Mengen der Eingangsrechnung.
  • Einmal pro Woche werden in der geplanten „Audienz“ offene Fragen zu Rechnungen mit dem Bauleiter geklärt.
  • Sind Artikel ohne Bestellung eingekauft worden, klärt der Einkauf vorab den Preis.

Der Bauleiter kann die Rechnung sachlich freigeben, vielleicht ganz modern auch am PC oder Tablet.

Mitarbeiter Bauleitung

Beispiel Technisches Sekretariat – eine Idee!
Bauleiter sind mobil. Die Projektbeteiligten bekommen einen festen und erreichbaren Ansprechpartner. Die Bauleiter brauchen sich nicht um Aufgaben zu kümmern, die andere Mitarbeiter günstiger und besser erledigen können.

  • Mängelanzeigen formgerecht an den Auftraggeber? Anruf mit Angabe des Anlasses genügt. Aus einer Vorlage wird das Schreiben erstellt, die Unterschriften eingeholt und tagfertig versandt.
  • Die Telefonzentrale für Bauleiter vereinbart Termine und leitet Anfragen weiter. Vergebliche Rückrufe werden auf ein Minimum reduziert.
  • Aufgaben und Termine werden konsequent überwacht, die verantwortlichen Projektbeteiligten erinnert.
  • Termine für Besprechungen und Telefonate werden in einem zentralen Kalender vereinbart und gepflegt.
  • Eingehende Pläne werden dokumentiert und rechtzeitig weitergeleitet.
  • Protokolle sind spätestens am nächsten Tag bei den Teilnehmern.

Ein technisches Sekretariat ist die rechte Hand des Bauleiters. Das ist kein Luxus, das spart Zeit der Bauleiter, schont die Nerven der Projektbeteiligten und erfreut Kunden. Auszubildende können sich hier beweisen oder ältere Bauleiter und Techniker es etwas ruhiger angehen lassen.

IT-Infrastruktur für Baustellenteams
Alle Informationen, Belege und Daten eines Bauvorhabens gehören dem Unternehmen und werden deshalb zentral in der IT abgelegt. Das ist die Voraussetzung, dass alle Berechtigten über Internettechnologien mit dem PC oder Tablet darauf zugreifen können, ganz gleich wo sie gerade sind. Das Hin- und Herschicken oder Weiterleiten von E-Mails führt dagegen zu Mehrfachablagen, deren Verwaltung viel Zeitaufwand erfordert.

Recht neu sind Programme zur Kollaboration, der Zusammenarbeit mehrerer Personen an einer Information oder einem Datensatz in Echtzeit. Damit die Arbeitsteilung einfach wird eignen sich hierfür

  • gemeinsame Kalender
  • projektbezogene Aufgabenlisten und -tabellen
  • zentrale Mängellisten
  • Planlisten
  • Wissensdatenbanken

Diese Daten können in elektronischen Projekträumen oder hausinternen Plattformen bereitgestellt werden. Damit kann auch externen Projektbeteiligten wie Nachunternehmern, Planern oder dem Auftraggeber gezielt Zugriff gewährt werden.

Die Nutzung von Videokonferenzen, gerade über Notebooks oder Tablets reduziert Reisezeiten und schafft eine bessere Arbeitsatmosphäre als ein reines Telefonat.

Bauleiter entwickeln sich weiter
Die Bauleiter sollen die Führungsaufgabe im Baustellenteam annehmen, die präzise Delegation von Aufgaben vorleben und nicht zuletzt die Leistungen aller Personen im Team wertschätzen. Für sich persönlich gilt es ein pragmatisches Zeitmanagement zu führen. Dazu gehören auch kreative Zeiten mit “Handy aus”. Eine kontinuierliche Weiterbildung sowohl in technischen als auch in “weichen” Themen Verhandlungsführung und Rhetorik ermöglicht selbstbewusstes Handeln und Auftreten im Kreis von Kunden, Projektbeteiligten und Mitarbeitern.

Das Großvaterprinzip – Mentor für Bauleiter
Großväter sind eine eigene Sorte Mensch. Sie nehmen sich Zeit für ihre Enkel, kennen deren Nöte und Ängste, hören zu und halten den Enkeln in Konfliktsituationen (auch gegen die Eltern, also ihre eigenen Kinder) den Rücken frei. Großväter freuen sich neidlos über die Erfolge ihrer Enkel. Sie lassen den Enkeln ganz bewusst Freiräume, eigene Erfahrungen zu machen, greifen aber bei Bedrohungen und Überforderung gezielt ein. Sind die Chefs die Großväter der Bauleiter?

So planen Sie die Umsetzung in Ihrem Bauunternehmen!
Jedes Organisationsprojekt ist so gut wie seine Planung. Ein klares Ziel steht am Anfang, in der Umsetzung helfen viele kleine Schritte mit schnellen Erfolgen:

  • Kunden fühlen sich gut betreut
  • Die Zusammenarbeit mit Lieferanten, Nachunternehmern und Planern wird besser.
  • Bauleiter können ihre volle Leistung erbringen.

Alles dies erhöht die Bereitschaft weitere Veränderungen umzusetzen.

Dipl.Ing. Peter Rösch

Anmerkung: Bauleiterinnen und Bauleiter erfüllen die heutigen Aufgaben in Bauunternehmen gleichwertig. Mit Rücksicht auf eine einfache Sprachregelung werden allgemein die Begriffe Bauunternehmer und Bauleiter verwendet.

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