Viele Unternehmen setzten heute elektronische Workflows zur Prozessoptimierung im Tagesgeschäft ein. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können so schnell und unproblematisch Eingangsrechnungen prüfen, Urlaubsanträge stellen oder Bestellungen für Büromaterial auf den Weg bringen. Diese Workflows können heute nach zwei grundlegenden Verfahren durchgeführt werden: Workflow als Kettenbrief oder Workflow als Aufgabenliste. Die Vor- und Nachteile der beiden Verfahren können Ihre Entscheidung für eines der beiden Systeme beeinflussen.
Begriff Workflow
Workflow ist der Begriff für elektronisch unterstütze Prozesse. So wird die zu prüfende Eingangsrechnung nicht mit der Hauspost durch die Büros getragen, sondern elektronisch von einer Sachbearbeiterrolle zur nächsten transportiert. Beispiel: Rechnungseingang, Kontierung, sachliche Prüfung, kaufmännische Prüfung, Freigabe, Buchung, Zahlungsverkehr.
Workflow Kettenbrief
Sehr bekannt und verbreitet ist der Workflow in der Form, die als „Kettenbrief“ beschrieben werden kann: In einem Dokumentenmanagementsystem wird eine Eingangsrechnung gescannt. In voreingestellten Datenfeldern können nun entweder automatisch, teilautomatisch oder manuell Informationen aus der Rechnung erfasst werden
- Kreditor (Rechnungsersteller)
- Bestellnummer
- Betreffende Kostenstelle
- Rechnungsdatum
- Bruttobetrag
- Nettobetrag
- Steuerschlüssel
- …
Dieser Datensatz geht zusammen mit einem Scanbild der Rechnung dann zur ersten Bearbeitungsposition. Dort werden die Arbeitsschritte erledigt. Die neuen Daten und Erledigungskennzeichen werden in den beigefügten Datensatzfeldern vermerkt. Nun geht die Rechnung geht weiter zur nächsten Position. Alle weiteren Informationen werden ebenfalls in den Datensatzfeldern gespeichert, bis der gesamte Prozess durchlaufen ist. Dann fügt das Workflowsystem die Informationen aus den Datensatzfeldern in das jeweilige ERP-System oder in die Buchhaltung ein.
Aufgabenliste
In einem Workflowsystem mit Aufgabenliste erfolgen fachlich die gleichen Schritte. Technisch wird dies in einer anderen Form gelöst: Die Eingangsrechnung wird gescannt und verbleibt direkt an dem Ort, an dem sie abgelegt wird. Die erste Aufgabe (der erste Prozessschritt) erfolgt innerhalb des ERP-Systems. In diesem Falle im Rechnungseingangsbuch.
Jetzt zeigt das System in der Aufgabenliste der zuständigen Sachbearbeiterrolle, dass eine Aufgabe zu erledigen ist. Sobald dieser erste Schritt abgeschlossen ist, wird der Datensatz des Rechnungseingangsbuchs geschlossen und gespeichert und die nächste Sachbearbeiterposition erhält eine Aufgabe, den nächsten Schritt durchzuführen.
Diese Aufgaben enthalten einen Link, welcher Programmteil und welcher Geschäftsvorgang an dieser Stelle geöffnet werden soll. Das wäre unsere Eingangsrechnung, usw.
Die Unterschiede
Im Kettenbrief werden alle Informationen in den Kettenbrief und den angehängten Datensatz eingelesen und weitertransportiert. In der Zeit des Umlaufs des Kettenbriefes ist der Datensatz im ERP-System gesperrt, so dass es nicht zu Doppelbearbeitungen kommen kann. In der Aufgabensteuerung wird direkt im ERP-System gearbeitet. Den zuständigen Mitarbeitern wird nur der Hinweis gegeben, dass hier eine Bearbeitung erforderlich ist.
Die Auswirkungen
Beim Kettenbrief sind die Daten unabhängig davon verfügbar, ob das ERP-System gerade im Zugriff ist. Die eigentlichen Bearbeitungsschritte können individuell im Workflow gestaltet werden. In der Aufgabensteuerung sind alle Informationen und der aktuelle Bearbeitungsstand immer zentral an einer Stelle im ERP-System verfügbar. Der Zugriff auf das ERP-System ist an dieser Stelle erforderlich.
Vorteile und Nachteile
Vorteile Kettenbrief: Beim Kettenbrief ist der Zugang zum zu erledigenden Prozessschritt unabhängig vom ERP-System und gegebenenfalls auch ohne dass dazu zusätzliche Lizenzen erforderlich sind.
Nachteil: Der Datensatz der Eingangsrechnung ist für alle anderen Nutzer in der Zeit des Prüfvorganges gesperrt. Die Reihenfolge des vorher festgelegten Workflows muss eingehalten werden.
Vorteile Aufgabenmanagement: Die Daten liegen aus-schließlich an einem Ort. Hier wird von einem Primärdatensystem gesprochen.
Mehrere Mitarbeiter können gleichzeitig oder in wechselnder Reihenfolge ihre Aufgaben erledigen. Beispiel: Die sachliche Prüfung kann vor oder nach der formalen Prüfung erfolgen. Der jeweils andere Bearbeiter sieht den aktuellen Bearbeitungsstand.
Vorteil in der Definition des Workflows
Der Vorteil der Workflowdefinition in der Aufgabensteuerung liegt darin, dass ausschließlich Rollen zugeordnet werden. Wer die Rolle an diesem Tag und / oder für diese Bestellung und / oder für diese Projektkostenstelle aktuell wahrnimmt, kann tagesgenau oder automatisch gesteuert werden.
Zusammenfassung
Der Workflowtyp Kettenbrief, traditionell erprobt und bekannt, erfordert die Festlegung eines Ablaufes und teilweise die Abbildung von Funktionen des ERP-Systems innerhalb des Workflows. Beispiel: Anlage eines neuen Kreditors, Suchfunktion für Kostenstellen und Bestellnummern. In der Zeit des Prüfvorganges ist der aktuelle Status des Prüfvorganges nur im Workflowsystem zu überwachen.
In der Aufgabensteuerung bleiben die Daten ausschließlich an einem zentralen Ort. Sie werden nicht bewegt. Lediglich der Prozessschritt wird als Aufgabe von Rolle zu Rolle zugewiesen. Mehrere Personen können gleichzeitig und / oder in wechselnder Reihenfolge die einzelnen Prozessschritte durchführen.
Wir wünschen Ihnen bei Ihrer Entscheidungsfindung und Umsetzung viel Erfolg.
Dipl.Ing. Peter Rösch